App ins Buch – Aus einer Geschichte wird ein Actionbound
Florian Küpper – Jugendleseclub Beckum
Außerschulische Leseförderung in den Ferien mit Actionbound. Copyright: Florian Küpper
Zwischen Computerspielen und Büchern lassen sich spannende Parallelen entdecken, die auch leseferne, aber gamebegeisterte Jugendliche ansprechen. Die Möglichkeit hier wie dort, der Fantasie freien Lauf zu lassen, Geschichten zu erfinden und zu erleben, in neue Charaktere zu schlüpfen und Herausforderungen zu bestehen. Auch im Bereich der Leseförderung bietet sich eine Kombination aus Print- und digitalen Medien an, um leseunlustige Jugendliche dort abzuholen, wo sie medial zu Hause sind. Eine abwechslungsreiche und zugleich kostengünstige Variante bietet hier die Software Actionbound.
Ein Actionbound ist im Grunde eine interaktive Rallye, die mittels Smartphones oder Tablets gespielt wird. Das Prinzip ist ähnlich zur herkömmlichen Schnitzeljagd, jedoch können die Spieler durch die digitale Variante viel stärker eingebunden werden und die Rallye ist um einiges interessanter. So lassen sich Actionbounds zum Beispiel nutzen, um eine interaktive Bibliotheksführung anzubieten. Dazu kann man die typischen Stationen einer Führung in einen Actionbound umwandeln. „Finde ein Buch zum Thema ‚Ritter‘ und mache ein Foto davon!“, „Was findest du im Keller unserer Bücherei?“ Ein solcher Bound kann von der Bibliothek selbst erstellt werden. Im Bereich der Medienbildung können die Bounds aber auch mit einer Gruppe von Jugendlichen gemeinsam erarbeitet werden.
Der Jugendleseclub Beckum hat dies in seinem dreitägigen Sommerferienprogramm „App ins Buch“ ausprobiert. Bereits seit zwei Jahren ist der Jugendleseclub Beckum in dem Leseförderungsprojekt „Literanauten überall“ des Arbeitskreis für Jugendliteratur aktiv. Idee des Peer-to- Peer-Projekts ist es, dass lesebegeisterte Jugendliche Projekte entwickeln, um auch bei lesefernen Jugendlichen das Interesse am Buch zu wecken. In ihrem Projekt „App ins Buch“ entwickelte der Jugendleseclub auf Grundlage des Buches „Reality Game“ (dtv) von Andreas Schlüter eine digitale Schnitzeljagd. Daran nahmen 14 Jugendliche – überwiegend Jungen im Alter von zehn bis 14 Jahren – teil, die durch die Kooperation mit dem Jugendtreff „Altes E-Werk“ auf das Ferienangebot aufmerksam wurden.
Frank kann es kaum glauben - er ist bei dem "Reality Game" angenommen worden, einer interaktiven Spieleshow, die in den Medien viel Aufmerksamkeit erregt hat. In einer ihnen unbekannten Stadt müssen die Teilnehmer einzeln und gegen die Zeit Aufgaben lösen und eine große Schnitzeljagd absolvieren - ohne dass sie von den "Trappern" der gegnerischen Teams gefunden und gefangen werden. Man muss sehr vorsichtig sein - und sportlich, denn so manches Mal bleibt Frank gar nichts anderes übrig, als zu rennen, so schnell er nur kann. Das Spiel macht ihm und seinen Freunden, die alles von zu Hause verfolgen und ihm beim Lösen der Rätsel helfen dürfen, zuerst auch sehr großen Spaß - doch dann wird deutlich, dass mit der ganzen Geschichte etwas nicht zu stimmen scheint ... (Überleitung zum Workshop "App ins Buch"nach dem Buch "Reality Game" von Andreas Schlüter)
Die im Roman beschriebene "Schnitzeljagd" sollte nun auf den Veranstaltungsort Beckum transportiert und in eine digitale Rallye umgewandelt werden, bei der es – ähnlich wie im Buch – verschiedene Aufgaben zu lösen gilt. Die Einführung in die literarische Vorlage erhielten die Teilnehmer durch Textauszüge und die Buchvorstellung der Leseclubmitglieder. Die Technik – Tablets, Handy, Laptop – und die Software "Actionbound" (mit der die Rallye erstellt wird), vermittelte der Medienpädagoge Philipp Dubberke vom Spieleratgeber NRW.
Nach Registrierung auf der Actionbound-Homepage ist es möglich eigene Bounds zu erstellen: Erst legt man einen Titel fest, dann kann man die verschiedenen Station des Bounds nach dem Baukastenprinzip zusammen klicken. Die Bedienung ist einfach und intuitiv, und stellt für Digital Natives kein Problem dar. Auch ohne große Einführungen können die Teilnehmer erste Bounds kreieren und nutzen dabei die vielseitigen Möglichkeiten, die die Software ihn bietet: Man kann dem Spieler Informationen geben, klassisch als Text oder in Form einer Soundaufnahme oder eines Video-Clips. Am Häufigsten wird für die Bounds das Frage-Modul verwendet. Hier werden verschiedene Möglichkeiten angeboten, wie die Lösungseingabe erfolgen soll: Multiple Choice, ein Zahlenbereich um etwas zu schätzen, eine Liste, in der die Antworten in die korrekte Reihenfolge gebracht werden müssen. – Und um dem Bound mehr Action zu verleihen gibt es die Möglichkeit im Hintergrund einen Countdown ablaufen zu lassen. Im Gegensatz zu den Fragen, bei denen es um die richtige Antwort geht, steht bei dem Aufgaben- Abschnitt die Kreativität im Vordergrund. Hier müssen die Teilnehmer einen Text, ein Foto oder auch ein Video zu einer gegeben Aufgabe erstellen.
Das Erstellen des Bounds nimmt ein wenig Zeit und Arbeit in Anspruch: Die Texte der Aufgaben sollen natürlich möglichst nett oder witzig sein, damit der gesamte Bound zu einem Erlebnis wird. Beim „App ins Buch“-Projekt haben die Teilnehmer die Aufgaben mit Unterstützung des Buches konstruiert. Ungefähr so wie der Protagonist Frank im Buch sollten die Teilnehmer des Bounds verschiedene Orte in der Stadt finden und dort Rätsel lösen. Dafür haben sich die Teilnehmer erstmal bei einem Rundgang spannende Orte für ihren Bound gesucht und lernten ihre Stadt mit neuem Blick kennen. In einem zweiten Schritt wurden dann Fragen und Aufgaben zu den Orten überlegt, und diese dann in den Bound eingebunden. Dieser Entwurf ist dann getestet, verbessert und wieder getestet worden. – Solange, bis man mit dem Ergebnis zufrieden war.
Neben diesen „einfachen“ Elementen gibt es noch ein paar Weitere, die einen Bound um ein Vielfaches interessanter machen können: Beim Turnier-Element lässt die App die Teilnehmer gegeneinander antreten, fragt die jeweiligen Sieger ab und ermittelt so einen Gewinner. Über das Umfrage-Element können die Spieler zu verschiedenen Themen befragt werden, mittels des „Code scannen“-Elements müssen die Spieler einen QR-Code suchen und mit dem Smartphone scannen, das GPS-Element lässt die Spieler erst weiter, wenn sie einen vordefinierten Punkt erreicht haben.
Die Möglichkeiten sind umfangreich und der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Bei „App ins Buch“ wurden vor allem die GPS- und QR-Code- Funktionen häufig eingesetzt, da diese Bounds draußen stattfanden. Am dritten Tag des Ferienprogramms waren die verschiedenen Bounds fertig gestellt. Zeit für die Kleingruppen gegeneinander anzutreten und um die höchste Punktzahl zu kämpfen, die bei den Bounds erreicht werden kann. Zum Abschluss gab es für die Teilnehmer verschiedene Gewinne - nicht zuletzt natürlich auch das Buch von Andreas Schlüter, das die Teilnehmer bisher nur in Auszügen kannten. Es aber nun unter einem ganz neuen Blickwinkel lesen wollten.
Das Gute an einem Actionbound ist, dass er nicht nur einmal, sondern mehrmals genutzt und gespielt werden kann. Ist der Bound einmal fertig und „online“ gestellt, ist er für alle Nutzer der App frei zugänglich. Um einen Bound zu spielen, sucht man ihn einfach über die App aus. Danach müssen ein Team-Name ausgewählt und die Mitspieler angegeben werden. Sobald dies erledigt ist, startet schon der Actionbound. Auch der Bound zu „App ins Buch“ ist auf www.actionbound.de abrufbar und kann von allen, die Beckum besuchen gespielt werden.
Florian Küpper ist Mitglied des Jugendleseclubs Beckum und seit März 2013 bei den „Literanauten“ aktiv. Die „Literanauten überall“ sind eine Initiative im Rahmen von „Kultur macht strak. Bündnisse für Bildung“ und werden durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Weitere Informationen unter www.literanauten.org
Dieser Beitrag ist Teil von „Die Bibliothek spielerisch entdecken mit der Lern-App Actionbound “. Ein Inhaltsverzeichnis finden Sie hier.
„Die Bibliothek spielerisch entdecken mit der Lern-App Actionbound“ von Simon Zwick, Cynthia Lengler, Ilka Hamer, Annette Güzelmeriç, Eugenie Schatz, Dörthe Wiethoff, Florian Küpper, Christoph Deeg ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.